40 SECONDS Inside: Interview mit Jonas Zörner
Kürzlich ist die Küche des GOLVET das dritte Jahr in Folge mit einem
Michelin-Stern ausgezeichnet worden – diesmal unter der Leitung des 27
Jahre jungen Jonas Zörner, der erst ein Jahr zuvor im GOLVET zum
Küchenchef aufgestiegen war. Hier erzählt er im Folgenden, wie er
Sternekoch geworden ist, was die Aufgaben eines Küchenchefs sind und was
seine Kochkunst ausmacht.
Wie und wann bist Du auf die Idee gekommen, Sternekoch zu werden?
„Ich habe schon als Kind gerne gekocht – zunächst gemeinsam mit meiner Mutter, dann als Schulkind auch alleine. Eines Tages waren wir angeln und ich wollte wissen, wie man denn geangelten Fisch nun filetiert. Ich wurde zur Beantwortung meiner Frage in die Küche eines Landgasthauses geschickt, wo ich sofort von der Atmosphäre und der Zusammenarbeit der Köche begeistert war. Ich habe dann viele Wochenenden dort verbracht, mitgekocht und meine Leidenschaft für die Gastronomie entdeckt. Parallel habe ich im Gasthof um die Ecke als Küchenhilfe gejobbt. Gemüse geschält, gespült und geputzt. Das hatte noch nicht viel mit Kochen zu tun, aber ich habe mich nicht unterkriegen lassen und in den Schulferien statt Urlaub Praktika in Sternerestaurants gemacht.
Nach zwei Jahren Praktika im 2-Sterne-Restaurant Facil im The Mandala Hotel
wurde mir ein Ausbildungsplatz angeboten. Ich habe jedoch darum
gebeten, erst noch mein Abitur zu machen, um zum Ausbildungsbeginn
volljährig zu sein: Ich wollte mit allen gemeinsam bis zum Schluss
zusammenarbeiten und nicht als Minderjähriger früher nach Hause
geschickt werden. In meinen Praktika hat mir gefallen, dass nach der
Arbeit alle noch zusammen die Küche putzen und gemeinsam den Abend
ausklingen lassen.“
Was sind aus Deiner Sicht die Gründe für Deinen Erfolg?
„Ich denke, zum einen mein hohes Engagement: Ich habe immer und überall um höchstmögliche Verantwortung gebeten, diese immer wieder eingefordert und dann auch erfolgreich genutzt. Zum anderen habe ich aber auch das Glück gehabt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. Es war die richtige Entscheidung, nach meiner Ausbildung, einjähriger Auslandserfahrung in einem 2-Sterne-Restaurant in Zürich und zwei weiteren Jahren in dem etablierten 2-Sterne-Restaurant Facil in das dynamische 1-Sterne-Restaurant GOLVET mit einem jungen Team zu wechseln, in dem es noch viel Gestaltungsfreiheit gab.
Im GOLVET habe ich als Chef de Partie
angefangen und war zunächst für Saucen, Fisch und Fleisch und später
für Vorspeisen zuständig. Das lief so gut, dass der damalige Küchenchef
Björn Swanson mir immer mehr Verantwortung übertragen hat. So wurde ich
bereits neun Monate später zum
Junior Sous Chef befördert und weitere drei Monate später aufgrund eines Personalwechsels schon zum Sous Chef.
In dieser Position koordinierte ich bereits die Abläufe, bevor Björn
mich zum Küchenchef ernannte und wenig später das GOLVET verließ.“
Was macht ein Küchenchef eigentlich genau?
„Als Küchenchef bin ich für den Erfolg des Restaurants zuständig
und damit für die Leistung des gesamten Teams. Ich bespreche gemeinsam
mit dem Team den Wareneinkauf und die Menüplanung, behalte abends den
Überblick über alle aufgegebenen Menüwünsche und leite das Team an.
Dabei achte ich sowohl auf die sorgfältige Arbeit des Teams als auch auf
eine gute Stimmung. Die Herausforderung ist, zu führen und dennoch
darauf zu achten, dass alle Teammitglieder genug Freiheit zur
individuellen Weiterentwicklung haben.“
Wie sieht ein Arbeitstag in der Küche des GOLVET aus?
„Am Vormittag ist mir wichtig, dass das Team in gute Stimmung
kommt. Wir frühstücken gemeinsam, hören dabei Musik und scherzen. Dann
gehen wir gemeinsam das Briefing durch und bereiten alles für den Abend
vor. Währenddessen kommen die Waren an, die wir am Abend zuvor bestellt
haben und geprüft werden müssen. Spätestens ab 18 Uhr, wenn die ersten
Gäste kommen, muss alles fertig sein, wir bei bester Laune und alle hoch
konzentriert. Am Ende des Abends putzen wir gemeinsam die Küche, gehen
die Warenbestellungen für den nächsten Tag durch und setzen uns
anschließend noch einmal alle zusammen, um gemeinsam über den Tag zu
sprechen.“
Wie lässt sich Deine Kochkunst beschreiben?
„Meine Gerichte bestehen aus wenigen Komponenten, aber dafür aus sehr intensiven, sehr aromatischen, die sich für den Gast erfüllend anfühlen. Außerdem sind mir Gewürze wichtig. Ich kombiniere gerne Kräuter und Zitrusfrüchte, das ergibt eine tolle Frische. Zudem ist mir die Ausarbeitung wichtig: handwerklich präzise, akkurat geschnitten und filigran.
Darüber hinaus ist es für mich selbstverständlich, dass ich überwiegend regional einkaufe und entsprechend der Saison. Dennoch bin ich auch offen für interessante, überzeugende Produkte, die nicht aus der Region sind, sofern sie nachhaltig produziert wurden und von großartiger Qualität sind.“
Wo findest Du Inspiration für immer neue Kreationen?
„Das gesamte Küchenteam sucht permanent auf Märkten, im Urlaub
oder in anderen Restaurants nach Inspiration, tauscht sich dazu stetig
untereinander aus und inspiriert sich so gegenseitig. Anschließend
bringt jeder seine Erfahrungen und Ideen in die Zusammenstellung unserer
gemeinsamen Menüs ein.“
Was macht das GOLVET besonders?
„Das GOLVET bietet einen spektakulären Ausblick über die halbe Stadt und vereint im Rahmen seines modernen Fine-Dining-Konzepts einen spannenden Gegensatz: Einerseits hat es Barcharakter und es darf im Casual Look bei Musik laut geredet und gelacht werden; andererseits servieren wir achtsam ausgezeichnete kulinarische Highlights. Ich nehme mir zudem die Zeit, unsere Gäste mit den ersten Kleinigkeiten am Tisch zu begrüßen und am Ende persönlich zu verabschieden. Das gibt mir die Gelegenheit, eventuelle Kritik anzunehmen und daraus Ideen zur weiteren Optimierung unseres Service abzuleiten. Gastfreundschaft ist uns wichtig. Und Glück entsteht, wenn die Erwartungen weit übertroffen werden.“